Turabdin - Hoehepunkt und Abschied

Am Mittwoch war ein beschwerlicher Reisetag, von Diyarbakir nach Batman, weiter nach Hasankeyf, einem Hauptziel meiner Reise. In der prallen Mittagshitze (so geht es allen Forschern, habe ich gehoert) den Tigris entlang, in dem quiekend vor Vergnuegen Kinder plantschten und erst, als sie mich erblickten, ein Geheul anstimmten, doch die Aussicht auf brennheissen Ufersand liess sie von mir Abstand halten, entlang des Flusses, der allein bereits altertuemlich war, waehrend oft angenommen wird, ein Fluss erneuere sich fortlaufend, spuerte ich nach und nach alle Kostbarkeiten auf, wie die verfallenen Torboegen, die renovierte Moschee und die Tuerbe, beide weit oberhalb des Flusses am mesopotamischen Plateau, dagegen die unzaehligen Felshoehlen entlang des Flusses, die, soweit vom Dorf erreichbar, allesamt mit Unrat zugeschuettet waren, das Dorf selbst mit seinen ineinander verschachtelten Haeusern und jeweils einem Diwan auf dem Flachdach, auf dem sich die Familie zum Abendessen versammeln wuerde, wie ich spaeter sah, weiters einige der Haustiere, die gelangweilt am engen Hof herumstiegen oder neugierig aus einer Haustuer blickten, waehrend einige Esel, die am Flussstrand angebunden waren, dort, wo es im Flusstal gut hallt, ein Eselkonzert gaben, und schliesslich einige Tuerken oder Kurden, die gemaechlich hinter einer Zeitung den Tag ueberstanden und alle anfallenden Dinge, wie die voruebergehende Unterstellung eines Rucksacks oder die Erteilung einiger Auskuenfte, den Kindern ueberliessen, die hier recht verlaesslich erschienen. Es haette wohl noch weiterer Forschungen bedurft, um zu ermessen, was alles durch die Aufstauung des Flusses veraendert werden wuerde.

Am Abend in Midyat erwarteten mich einige nutzlose Wege auf der Suche nach einem Hotel, und nachdem ich beinahe ganz ungeplant auch schon die ganze Neustadt erkundet hatte, wo mir aeltere Maenner auffielen, die sich freundschaftlich in kleinen Gruppen am Gehsteig auf Hockern um ein Tischchen mit Tee niedergelassen hatten, um im Schatten den Nachmittag zu Ende gehen zu lassen, waehrend wegen des Ramadan nirgends ein Restaurant oder Teehaus offen hatte, wo ich selbst mich haette erholen koennen, entdeckte ich gemeinsam mit dem freundlichen Juwelier, der meinen Rucksack inzwischen untergestellt hatte und von allen Passanten hoeflich gegruesst wurde, einige Schritte neben seinem Laden doch ein kleines Hotel, das geoeffnet hatte. Dort gab es Ventilatorkuehlung im Zimmer, ein Lochklosett aus Porzellan und eine Kuebeldusche fuer alle Gaeste gemeinsam, naemlich den aelteren Mann im Nebenraum und mich. Ich traf ihn spaeter beim Abendessen wieder, er war der Scheich, der im Lokal laut lachend die Enkelkinder herzte, und spaet in der Nacht hatte er mich im Hotel erwartet und stellte sich als tuerkischer Offizier vor, der jetzt mit 50 in Pension gegangen war, nachdem er zuletzt im Irak gekaempft hatte. Er erkundigte sich nach meinen Reisezielen und schien alle Orte zu kennen.
Als ich das Hotel bezogen hatte, eilte ich mit dem Bus in die Altstadt und ging aufs geratewohl zwischen den braunen Haeusern durch die engen Gassen. Ich sah immerhin zwei der angeblich zwanzig Kirchen, und von einer Terasse aus sah ich die Sonne sinken ueber die schachtelartig zusammengerueckten Haeuser, die am Hang uebereinander standen. Die Familien sammelten sich jetzt zum Essen auf den Daechern, und manche winkten mir freundschaftlich zu, waehrend ich, sobald es dunkel war, wieder hinunterstieg und sah, dass der Bus nur bei Tageslicht fuhr, weshalb noch ein paar Kilometer Spaziergang dazukamen. Im grossen Lokal gegenueber dem Hotel war ich beinahe schon der letzte Gast, genoss aber ein koestliches Menue, zusammen mit den Angestellten, die immer erst als letzte essen duerfen.

Und am Morgen ging es aehnlich weiter. Wegen des Ramadan bekam ich kein Fruehstueck, konnte aber einige Gebaecke kaufen. Mit diesen schlich ich in das Hotel, wo ich am Vortag abgewiesen worden war, sah hinter der Theke den Portier schlafen und ging weiter in den Speisesaal, wo ich das Gebaeck mit einigen Tassen Kaffee knabberte. Und hier lernte ich das freundliche italienische Paar kennen, das ganz wie ich auf der Spur der Altertuemer des Alten Orient war, aus Udine stammten sie, also gleichsam in Sichtweite, und so taten wir uns diesen Vormitag zusammen und fuhren nach Mor Gabriel, dem geistigen Zentrum des Turabdin, und dessen Bischofssitz.


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land - 20. Aug, 20:41

hallo peter

habe mich soeben registriert, hatte die letzte zeit etwas viel zu tun, das wetter ist schön,zweiter schnitt in arbeit!
guter tipp, nimm einen teil des abendessens für dein morgntliches frühstück mit :-)
Noch schöne Grüße von Frau Schwager, haben soeben telefoniert.
mfg georg mit familie

weichensteller - 20. Aug, 21:03

Joe

Georg, schoen von dir zu hoeren! Liebe Gruesse zurueck euch allen!
Das mit dem Abendessen sagst du mir erst jetzt: hab gerade ein halbes Brathendl mit Salat verdrueckt, alles mit den Fingern natuerlich!
Uebrigens beginnt es jetzt um 22 Uhr etwas kuehl zu werden, nur mehr 40 Grad (laut Digitalanzeige am Platz draussen). Im Wetterfernsehen haben sie als Tiefsttemperatur der kommenden Nacht nur 36 Grad angekuendigt.
Machts gut zu Hause! Hoffentlich wird alles schoen rasiert....
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